Unsere Sicht

| Fechten

Das akademische Fechten - Oder: Was uns das Fechten bedeutet

Über ein so komplexes Thema, wie das studentische Fechten, gibt es selbstredend die verschiedensten Auffassungen, besonders wenn es darum geht, nicht nur zu erklären, was wir da tun, sondern plausibel das Warum darzulegen. Im Endeffekt kann und darf es bei diesem Versuch kein richtig oder falsch geben. Jeder Student, der sich freiwillig auf Mensur stellt, tut dies aus einer individuellen Motivation heraus, so wie jeder Student, der sich der Mensur verweigert, dafür seine Gründe haben wird.

Dennoch gibt es unter unserer aktiven Bundesbrüder einen relativen Konsens über die Gründe, die uns dazu bewegen, dem Waffenspiel zu frönen und diese unsere Einstellung differiert ein wenig vom Main-Stream-Erklärungsversuch vieler Bünde.

Wir glauben zum Beispiel nicht, dass das Mensurfechten den Charakter bilde. Zwar muss der ‚innere Schweinehund’ auf Mensur überwunden werden, eine charakterliche Fortentwicklung bedingt das aber nicht. Ein schlechter Mensch bessert sich nicht durch Mensuren, ganz gleich wie oft er ficht.
Die grundsätzliche charakterliche Prägung erfolgt, wie allgemein bekannt, in den Jugendjahren, und damit weit vor dem Beitritt in eine Verbindung. Eine Mensur kann also nur den vorteilhaft charakterlich weiterbilden, der zuvor schon einen edleren Charakter besaß.

Ich will nicht ohne Narben sterben!

Tyler Durden

Wir sind auch nicht der Meinung, dass erst das Fechten den Zugang zur Bundesgemeinschaft öffne. Damit degradierte man die Mensur zur bloßen Eintrittskarte. Prinzipiell öffnest Du selbst die Tür zu unserem Bund und zwar in dem Moment, in dem Du unser Band aufnimmst. Ein Fux, der noch nicht gefochten hat, ist deswegen kein Bundesbruder zweiten Ranges. Nur dem, der sich permanent und unter Ausflüchten vor seiner ersten Partie drückt, wird das Band wieder entzogen. Wir sind eine pflichtschlagende Verbindung und gehen davon aus, dass nur der, der bereit ist, für unsere Gemeinschaft im wahrsten Sinne des Wortes seinen Kopf mindestens zweimal hinzuhalten, bei uns ein Leben lang Mitglied sein kann.


Fechten verbindet

Grundsätzlich gilt, dass wir fechten, weil es uns Spaß macht. Wiewohl wir nur die vom Dachverband vorgeschriebenen zwei Mensuren für unsere Bundesbrüder zur Pflicht machen und auch niemanden zu weiteren drängen, ficht dennoch der Großteil unserer Aktiven über das Pflichtmaß hinaus.

Was ist der Grund?
Zum einen verhält es sich im interkorporativen Umgang mit den Partien wie im GTI-Club mit den PS-Zahlen: Haste mehr, biste mehr! Aus genau diesem Grund ist der Name unseres Bundes bei allen schlagenden Verbindungen in Deutschland ein Begriff und unsere Bundesbrüder, ganz gleich wieviel Mensuren sie persönlich geschlagen haben, werden überall respektiert.

Das Blut muss spritzen!'

Vincent Vega

Zum anderen betrachten wir das Mensurfechten als einen Extremsport. Seit Jahren wird in den Medien über neue materialintensive Sportarten berichtet, bei denen sich super hippe Sportler einen künstlichen Adrenalinstoß verschaffen, indem sie mit einem Strick am Fuß oder einem Fallschirm von Brücken oder Häusern springen, oder mit Bike oder Motorrad Abhänge und Bobbahnen herunterfahren. Das amüsiert uns nur. Unser Extremsport ist über 500 Jahre alt und kann von JEDEM betrieben werden, nicht nur von durchtrainierten Superhelden. Abgesehen davon ist der Kick, den wir beim Mensurfechten erhalten, viel größer, als der bei jeder anderen Extremsportart. Das bestätigt uns jeder, der sowohl mal irgendwo raus- oder runtergesprungen bzw. gefahren ist und auch auf Mensur gestanden hat.

Der Grund für den größeren Kick ist ganz einfach: Wer die konventionellen Extreme sucht, ist sich seiner Sicherheit äußerst gewiss. Niemand geht wirklich davon aus, dass sich sein Fallschirm nicht öffnet oder das Bungeeseil zu lang ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei uns etwas passiert, ist schon um einiges größer, wobei sich allerdings ein potentieller Schaden im tolerablen Bereich abspielt. Der Reiz wird hierdurch nicht gemindert, da die Aussicht auf eine anstehende Schnittverletzung konkreter fassbar ist als ein medienwirksames Zerschellen nach Stürzen aus nach oben hin offenen Höhen. Nach einer Partie - ganz gleich ob man einen Schmiss kassiert hat oder nicht - ist man den Rest des Abends so von sich begeistert, dass das eigene Spiegelbild jedem Actionhelden ebenbürtig scheint.

Nur eine Herausforderung vermag es noch, die Mensur in den Schatten zu stellen: Hat ein Schmiss gesessen, ist nicht nur der Tusch vergessen. Man steht zudem vor der Aufgabe, die eingetretenen Veränderungen im Kopfbereich seiner Mama vorführen zu müssen.

Lange Rede - kurzer Sinn

Um es auf den Punkt zu bringen, stellt das Fechten für uns einen sehr bodenständigen Nervenkitzel dar, der durchaus nicht hinter hehren Zielen versteckt werden und durch überzogene Ritualisierung und Schutzmaßnahmen verwässert werden sollte.